Als erstes Symbol, das ich Euch vorstellen möchte, picke ich mir nicht etwa einen der Klassiker heraus, sondern einen Geheimtipp: das Ginkgoblatt.
Ginkgobäume gibt es auf der Erde bereits etwa dreihundert Millionen Jahre. Die Blätter dieses Baumes, der bis zu vierzig Meter hoch und locker viertausend Jahre alt werden kann, sind sehr außergewöhnlich: Denn es hat den Anschein, als wenn zwei Blätter miteinander verwachsen wären. So, wie in einer Ehe aus zwei Familien eine wird. Doch gleichzeitig ist das eine Blatt auch zwei.
Das Ginkoblatt als Symbol der Harmonie: Wie in einer vertrauensvollen Beziehung, lassen sich die Partner trotz ihrer Zusammengehörigkeit auch gegenseitig Freiräume, in denen sich jeder entfalten kann. Denn die Liebe soll ja keine Fessel sein, sondern Geborgenheit und Sicherheit schenken. Denn eng miteinander verbunden zu sein und sich gleichzeitig persönlich zu entfalten, ist kein Widerspruch.
Das Ginkgoblatt als Symbol der Hoffnung: Etwa 300 000 Menschen starben bei der Atombombenexplosion von Hiroshima im Jahr 1945. Nichts wuchs mehr auf dem verbrannten Boden. Nur ein ehemals imposanter Ginkgobaum trotzte der Katastrophe: Inmitten der total zerstörten Vegetation, schob sich im nächsten Frühjahr ein frischer Trieb aus dem Wurzelstock – ein Wunder. Heute symbolisiert dieser Baum die Hoffnung in die Zukunft.
Den Liebhabern poetischer Zeilen unter Euch, möchte ich nicht das Gedicht „Gingo Biloba“ (1815) von Johann Wolfgang von Goethe vorenthalten. Der bekannte deutsche Dichter soll ein wahrer Schwerenöter gewesen sein. Wie dem auch sei: Es heißt, dass Goethe im September 1815 in Heidelberg mit Freunden einen Ginkgobaum betrachtete und sie über die Form seiner Blätter fachsimpelten. Dieser Baum soll ihn auch zu dem Gedicht inspiriert haben. Und wie sollte es anders sein: Eines der Blätter schickte Goethe als Ausdruck seiner Zuneigung an….. Na, an wen wohl??? Natürlich an eine jungen Frau.
Gingo Biloba (1815)
Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie’s den Wissenden erbaut,
Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?
Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?